Ich liege im Bett und betrachte durch das Fenster den kleinen orangenen Punkt im Dunst, der langsam größer und heller wird. Er wird die Ursache sein für einen heißen, anstrengenden Tag. Es ist 6.30 Uhr. Plötzlich wackelt mein Bett und irgendwo im Zimmer fängt es an zu klappern. Mir ist sofort klar, was das bedeutet und ich rufe geistesgegenwärtig „Erdbeben“. Ludger, mein Zimmergenosse während dieser Tage, der bereits im Bad ist, kommt wenige Minuten später zurück und hat von alledem nichts mitbekommen. Nach wenigen Sekunden ist der Spuk vorbei. Ich bin eher fasziniert und keinesfalls angstvoll, habe aber einen Eindruck davon, was Menschen erfahren müssen, wenn ein starkes Beben geschieht. Etwas später beim Frühstück findet Sebastian heraus, dass das soeben erlebte Beben die Stärke 4,6 hatte. Mit so viel hatte ich nicht gerechnet.. Wissenschaftler, so übersetzt Sebastian, erwarten ein Megabeben in der Region, es ist wohl längst überfällig... Na dann... Nach dem Frühstück fahren wir einen anderen Weg auf unsere Baustelle und stoppen in einem Dorf, das schon komplett wiederaufgebaut wurde. Es ist ein schöner, zufriedenstellend Anblick. Wir sehen eine intakte Dorfgemeinschaft mit schönen Häusern, kleinen Gärten, den üblichen Ziegen und Wasserbüffeln, spielenden Kindern und jungen und älteren Menschen, die zusammen reden oder anderen Aufgaben nachgehen. Bei Wiederaufbauprojekten werden von Habitat auch immer einige Menschen als Maurer ausgebildet, damit sie selbst mithelfen können und später auch in diesem Berufsfeld arbeiten können. So ist auf unserer Baustelle Paschupati, ein zwanzigjähriger Nepali aus eben jenem Dorf tätig und unterstützt den Bauleiter und uns.
Es wird ein heißer, unangenehmer Bautag werden. Die Sonne brennt unerbittlich, es hat über 30. Grad, der Mörtel wird schnell hart und die Feuchtigkeit der gewässerten Ziegelsteine verfliegt schnell. Wir bauen am Nachmittag kleine Pavillons in die Baustellen und haben so ein wenig Schatten. Da Achim, der in den den letzten beiden Tagen auf „meiner“ Baustelle als eine Art Bauleiter und Capo fungierte - er ist gelernter Maurer und Bauingenieur - heute überwiegend auf der zweiten Baustelle im Einsatz ist, bin ich heute ein viel gefragter Mann. Ich mische den Mörtel an, maure gemeinsam mit Paschupati die Ecken und richte das Schnurgerüst für die neuen Reihen ein. Außerdem suche ich Lösungen für kniffligen Stellen und maure nebenbei noch die bisher fehlende Innenwand unseres Hauses weiter.
Wir sind heute alle sehr gefordert, genießen die Pausen und das von einem einheimischen Küchenteam unter dem Schatten eines Baumes zubereitete schmackhafte Essen und fahren schließlich gegen 16.30 Uhr in unseren vier Jeeps zurück in das Hotel. Nach dem Duschen und einer kurzen Pause folgt die Teambesprechung und das Abendessen mit dem üblichen Smalltalk und dem wohlverdienten Feierabendbier, Marke „Gurkabier“ . Gegen 22.00 Uhr falle ich erschöpft ins Bett.
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Mattis Hoenig (Freitag, 26 April 2019 00:50)
Krass, wie weit ihr schon vorangekommen seid. Toll!! Wie schmeckt Gurkabier? Würdest du es weiterempfehlen �
Thomas (Freitag, 26 April 2019 02:35)
Ja, schön zu sehen, wie das Haus wächst... wir werden es aber nicht fertig bauen können- wie auch, in so kurzer Zeit.... das machen Einheimische in den nächsten Tagen... das Gurkabier schmeckt leicht und süffig, genauso gut wie das Everestbier !