Sonntag, 31.03.19 - 4. Trekkingtag von Gandruk nach Tadapani

Der Tag beginnt wieder früh um halb sieben, kurz nach Sonnenaufgang. Das liegt daran, das die Organisation unserer persönlichen Dinge in je zwei Rucksäcken immer erhebliche Zeit in Anspruch nimmt.

Ich fühle mich heute nicht besonders erholt. Daran ändert auch ein leckeres Kontinentalfrühstück nichts. Der „Tempelspaziergang“ und die Anstrengungen der letzten Tage stecken mir gewaltig in den Knochen...

Dabei liegt heute der bisher anstrengendste Tag vor uns: 8km und  750 Höhenmeter müssen wir zurücklegen. Es ist bereits beim Start um 8.15 Uhr sehr warm und feucht. Das Gewitter vom Vortag hat die Natur mächtig mit Wasser aufgeladen.

Glücklicherweise führt ein Großteil des Weges durch einen traumhaften, verwunschenen Rhododendrenwald. Diese Bäume, die wir in unseren Breitengraden nur als Büsche kennen, wachsen hier zu fast dreißig Meter hohen Bäumen heran. Die Bäume mit ihren verdrehten und gebogenen Stämmen und den Girlanden aus Moosen und Flechten und anderen Epiphyten (wenn ich mich richtig erinnere: „aufsitzende Pflanzen“) wirken mystisch auf uns. Die Schatten, die die durch das Blätterdach gelegentlich scheinende Sonne erzeugt, tun ihr übriges dazu.

Ein hübscher Hund ist seit dem Dorf unser Begleiter. Faszinierend unabhängig sind diese Hunde hier!

Wir ändern den ursprünglichen Plan Nimas bei einer kleinen Ansiedlung, knapp eine Stunde vor unserem eigentlichen Ziel das Mittagessen einzunehmen. Stattdessen erfrischen wir uns, essen einen Riegel und starten wieder. Das wird sich als weise Entscheidung herausstellen.

Gegen Mittag erreichen wir unsere sehr einfache Lodge in Tadapani auf fast 2700m. Wir machen uns unter einer eiskalten Dusche frisch und können bald darauf unser Mittagessen einnehmen. 

Zu Lodge gehört eine Terrasse auf der  sich neben 2 Kuppelzelten, wo  offensichtlich Menschen nächtigen, auch ein Wirrwarr von Wäscheleinen befindet, auf denen große weiße Bettlacken zum Trocknen in der Sonne hängen.

Von eben jener Terrasse hat man einen wunderbaren Blick auf den Machapuchare, den heiligen Berg der Nepali. Hier ist der Sitz Shivas. Es ist deshalb strikt verboten den Berg zu besteigen. 

Wir genießen den Ausblick eine Weile, ziehen uns aber bald zum Mittagsschlaf in unser kleines Zimmer zurück.

Kurz darauf beginnt wie am Vortag ein heftiges Gewitter, dass uns wirklich beeindruckt: Wenn es donnert, scheint der ganze Raum zu zittern, der Regen prasselt auf die Blechdächer und zaubert eine sphärische Musik. In dieser Atmosphäre döse ich weg und befinde mich schnell in einem tranceartigen Schlummerzustand.

Nach fast 4 Stunden Mittagsschlaf reißt mich Lea aus meinen Träumen und wir beschließen eine kurze Runde im Ort zu drehen.

Kaum 50 m weiter können wir von einer anderen Terrasse aus kleine Äffchen auf einem kahlen Baum beobachten, der weiße Blüten trägt. Diese Blüten oder zumindest das Innere derselben werden von den ca. 6 Äffchen verspeist. Dazu turnen sie elegant in die entlegensten Winkel des Baumes, lassen sich fallen oder springen meisterhaft von Ast zu Ast. Wir sind fasziniert und beeindruckt zugleich.

Plötzlich entdecke ich hinter mir Johannes, unseren Bekannten von vor zwei Tagen, der mit seiner Gruppe mitten im Gewitter und Hagelsturm ein anderes Hotel des Ortes erreicht hat. Wir verabreden uns für den Abend.

Zum Abendessen entscheiden wir uns wieder für die hier äußerst schmackhaften selbstgemachte Frühlingsrollen, die hier immer mit gebratenen Kartoffelstreifen serviert werden. Wir sind begeistert von dem süßlichen Geschmack dieser heimischen Kartoffelsorte.

Gegen 20.00 Uhr trinken wir mit unseren neu gewonnen Freunden Miriam, Clara, Johannes und Ramchandra ein Bier, und teilen uns zur Freude der Freunde eine mitgebrachte Tafel Pfefferminzschokolade. In der „Dining Hall“, dem obersten Stockwerk des Hotels unserer Bekannten herrscht ein buntes Treiben. Reisegruppen aus allen Teilen der Welt sitzen an Tischen im Quarré um einen rostigen eisernen Holzofen, der eine große Hitze ausstrahlt. Es ist gemütlich und wir tauschen uns aus. Gegen 21.30 Uhr tragen einige Träger Decken in den Raum und wir beobachten, dass sie es sich auf den Bänken gemütlich machen. Offensichtlich wird die Dining Hall jetzt zum Schlafsaal. Als unser Tisch alsbald von einem der Jungs abgewischt wird, verstehen wir dieses Zeichen als Aufforderung uns auch in unsere Zimmer zurückzuziehen.

Zurück in unserer Lodge kuscheln wir uns nach der üblichen Abendtoilette in unsere Schlafsäcke. Lea ist begeistert: Seit gestern nutzt sie die beim Abendessen mit kochendem Wasser aufgefüllte Trinkflasche als Wärmflasche... Endlich keine kalten Füße mehr! Wenn das kein Fortschritt ist...

Wir schreiben noch unsere Gedanken auf und wundern uns, dass das Hundegebell heute ausbleibt.

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